
Die stille Erzählung der Welt
Ein persönlicher Blick auf das Unsichtbare hinter den Dingen
Manchmal frage ich mich, ob die Welt vielleicht viel mehr sagt, als wir hören. Nicht mit Worten, sondern mit Gesten. Mit Farben, Schatten, Geräuschen. Wir leben inmitten eines dichten Gewebes aus Geschichten, nur nehmen wir es im Alltag kaum wahr. Alles, was existiert, scheint eine Art Erinnerung in sich zu tragen. Ein Blatt im Wind, das Muster einer Pfütze, selbst Stille. Es ist, als würde die Welt ununterbrochen erzählen, auch wenn niemand zuhört.
In der Kunst wird diese stille Sprache besonders deutlich. Kunst ist für mich nicht einfach Ausdruck, sondern Übersetzung. Künstlerinnen und Künstler schaffen nichts aus dem Nichts, sie greifen etwas auf, das schon da ist, aber eben nicht offensichtlich. Ein Bild, ein Lied, ein Gedicht kann etwas sichtbar machen, das vorher nur zu erahnen war. Und manchmal entsteht Magie. Ein Stein, der einfach am Wegrand lag, bekommt plötzlich Bedeutung. Ein Schatten wirkt wie ein Satz, den man fast versteht. Die Kunst hört zu und antwortet.
Besonders spannend wird es dort, wo Realität und Traum verschwimmen. In diesem Zwischenraum scheint die Welt durchlässiger zu werden. Man spürt plötzlich Verbindungen, die rational keinen Sinn ergeben, aber innerlich ganz klar sind. Gedanken, Gefühle, Bewegungen, alles fließt ineinander. Vielleicht ist das der eigentliche Ursprung der Kreativität, der Moment, in dem wir den gewohnten Rahmen verlassen und uns vom Unbewussten leiten lassen.
Was mich tröstet: Nichts geht je wirklich verloren. Geschichten wandeln sich. Erinnerungen verändern ihre Form. Bedeutungen verschieben sich. Aber etwas bleibt, nicht fest, sondern fließend. Vielleicht ist genau dieser ständige Wandel das, was wir Leben nennen.
Und wenn es ganz still wird, dann spürt man es manchmal. Dieses große, leise Erzählen, das unter allem liegt. Vielleicht ist die Welt selbst ein Gedicht, das nie aufhört sich zu schreiben. Und wir, wir sind mit dabei, ob wir wollen oder nicht.