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Zwischen Maske und Mensch – Warum wir die falschen Fragen stellen

Manchmal frage ich mich, ob wir überhaupt noch wissen, wer wir sind. Ob wir je bereit waren, wirklich hinzusehen. Die Welt ist laut, die Bilder grell, die Antworten oberflächlich. Doch irgendwo unter dieser Oberfläche rumort etwas. Eine Ahnung, ein Zweifel, eine Störung im System.

Es gibt Tage, da frage ich mich, wie viel von dem, was wir anderen zeigen, wirklich echt ist. Wie viel in unseren Gesprächen, in unseren Reaktionen, in unserem Lächeln tatsächlich von uns kommt und wie viel davon bloß eine Reaktion auf Erwartungen ist, die wir längst verinnerlicht haben..
Manchmal habe ich das Gefühl, die meisten Menschen wissen gar nicht mehr, wer sie eigentlich sind, wenn niemand zusieht. Es scheint, als wären wir dauernd damit beschäftigt, Rollen zu spielen. Stärker zu wirken, klüger, gelassener, heiliger, glücklicher. Alles, nur nicht echt.
Vielleicht war das der Grund, warum ich begonnen habe, mit Masken zu arbeiten. Nicht aus einem Konzept heraus, sondern weil mich etwas an ihnen angezogen hat. Ich habe nicht gesucht, ich wurde gefunden. Und als ich anfing, mich mit ihnen zu zeigen, entstanden Bilder, die sich anfühlten, als blickte ich mich zum ersten Mal wirklich an. Da war etwas Seltsames. Etwas, das mich ansprach, nicht laut, aber tief.

Diese Masken sind für mich keine Verkleidung. Im Gegenteil. Sie legen etwas frei, das sonst verborgen bleibt. Sie zwingen mich, mich selbst anders zu sehen. Und vielleicht sogar ehrlicher.
Gleichzeitig beobachte ich die Welt um mich herum und ich sehe, wie sehr Menschen damit beschäftigt sind, sich selbst zu inszenieren. Sie leben für Bestätigung, für Aufmerksamkeit, für dieses künstliche Gefühl von Bedeutung. Ob in sozialen Netzwerken, in endlosen Selfie-Posen, im spirituellen Wettbewerb, wer „erwachter“ ist. Alle wollen besonders sein. Alle wollen gesehen werden.

Aber warum? Warum dieses tiefe Bedürfnis, sich abzuheben, sich wichtiger zu fühlen als andere? Was läuft da schief?

Statt Tiefe suchen wir Wirkung. Statt Verbindung pflegen wir Rollen. Und während wir damit beschäftigt sind, uns selbst zu optimieren, zu promoten oder zu „heilen“, verlieren wir das, was uns eigentlich ausmacht: Menschlichkeit, Ehrlichkeit, Verletzlichkeit. Wir kaufen Zeug, das wir nicht brauchen, um uns mit Menschen zu vergleichen, die wir nicht kennen. Wir posten unsere Freude und verstecken unsere Erschöpfung. Wir feiern die Idee vom „perfekten Leben“, während innerlich alles bröckelt.
Und währenddessen verblassen die echten Dinge. Zuhören. Hinschauen. Da sein. Helfen. Schweigen, wenn es nichts zu sagen gibt. Oder reden, wenn es unbequem wird.
Ich frage mich, was mit uns los ist. Warum fällt es uns so schwer, zuzugeben, dass wir oft nicht weiterwissen? Dass wir überfordert sind? Dass wir manchmal einfach versagen? Vielleicht ist genau das unsere Chance: das Eingeständnis, dass wir nicht „fertig“ sind. Dass wir Fehler machen dürfen.
Ich persönlich spüre es jeden Tag. Dieses Eingesperrtsein im eigenen Körper. Das Gefühl, das Leben nicht zu leben, sondern auszuhalten. Und dann kommen diese ewigen Optimisten, die sagen, man solle dankbar sein, den Moment genießen, vergeben, loslassen. Ich halte das oft nicht aus. Weil es sich wie eine Lüge anfühlt. Weil es an der Realität vorbeiredet.
Denn jeder Mensch kennt die Last. Dieses unsichtbare Gewicht, das auf der Brust liegt. Jeden Tag. Aber vielleicht geht es genau darum. Nicht darum, das Leben ständig zu feiern – sondern es auszuhalten, es ehrlich anzuschauen, es mit all seinem Chaos zu akzeptieren. Vielleicht liegt die wahre Stärke nicht in der Pose, sondern im Stillhalten. Nicht in der Antwort, sondern in der Frage. Und vielleicht entsteht genau dort wo wir aufhören, etwas Besonderes sein zu wollen , der erste echte Moment von Freiheit.

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