Wo meine Seele wohnen darf

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Wo meine Seele wohnen darf

Das Leben hinterlässt Bruchstücke. Unzählige. Irgendwann kommt ein Moment, da will man einfach sagen: Es reicht. Zu viele Splitter, zu viel Schmerz, zu viele Erinnerungen, die sich nicht greifen lassen. Ich kann mich nicht ewig in diesem Chaos verlieren. Man droht darin zu ersticken.
Aber vielleicht ist jetzt die Zeit gekommen, sie nicht länger herumliegen zu lassen. Ich will sie anschauen. Sie anfassen. Sie fühlen. Aus ihnen ein Zuhause bauen. Ein Haus für meine Seele. Das Seelenhaus baut sich nicht an einem Tag. Es gibt keinen einfachen Plan, dem man folgen kann. Es ist mehr wie eine Reise in unbekanntes Gelände. Voller Umwege, Abstürze und überraschender Fundstücke. Manchmal finde ich ein Stück, das ich lange verdrängt habe. Es liegt tief in meiner Erinnerung, stumm, aber schwer. Wenn ich es berühre, schneidet es noch. Doch genau diese Splitter sind oft die tragenden Balken. Aus ihnen wächst Stabilität.
Andere Fragmente leuchten. Ein Lachen aus Kindertagen. Der Geruch von Sommerregen auf heißem Asphalt. Eine Hand, die meine hielt, als ich dachte, ich falle. Diese Teile sind wie Fenster. Sie lassen Licht in mein Inneres.
Nicht jedes Teil passt sofort. Manche muss ich drehen, gegen das Licht halten, aus der Ferne betrachten. Es gibt Räume, die noch leer sind. Türen, die sich nicht öffnen lassen. Und manchmal reiße ich etwas wieder ab, weil ich spüre, es war nicht ehrlich. Dieses Haus verlangt Ehrlichkeit. Kein Schönreden. Kein Verstecken.
Ich habe gelernt, dass Schmerz und Glück sich nicht ausschließen. Sie gehören zusammen, wie tragende und füllende Steine. Die zerbrochenen Beziehungen zeigen mir, was Verbindung bedeutet. Die Enttäuschungen erinnern mich daran, wo ich mich selbst verloren habe. Und die Sehnsucht? Sie ist das Feuer im Kamin. Sie hält mich warm, auch wenn draußen alles kalt ist.
Mit jedem Tag füge ich ein neues Stück hinzu. Vielleicht wird dieses Haus nie ganz fertig. Vielleicht muss es das auch nicht. Vielleicht liegt der Sinn darin, dass ich es Tag für Tag ein bisschen mehr bewohne. Mit allem, was ich bin.
Ein schönes Haus, zusammengesetzt aus allem, was war. Aus zerbrochenen Momenten, aber auch aus glücklichen. Wie ein Puzzle, das nur dann seine Form findet, wenn man jedes Teil versteht, jedes Teil fühlt.

Seit einiger Zeit versuche ich, dieses Seelenhaus zu errichten. Manche Stücke tragen den Schmerz. Andere das Glück, die Sehnsucht, verlorene Lieben und alte Täuschungen. Aber sie alle gehören dazu. Ohne sie gäbe es dieses Haus nicht.

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